Ingesa 2016 – Ein Rückblick

Umgeben von der herrlichen Landschaft des Wörthersees präsentierte sich die INGESA 2016 zum 2. Mal in den Räumlichkeiten des Casinos Velden.

Gemäß Tradition gliederte sich die Internationale Getreidewirtschaftstagung in die 32. Vortrags- und Diskussionstagung der vg Versuchsanstalt für Getreideverarbeitung, die Bundestagung des österreichischen Mühlen- und Mischfuttergewerbes sowie in die internationale Fachausstellung, die von Innungsmeister Ing. Eduard Langer eröffnet wurde.

Die INGESA bot wieder Trends und Entwicklungen aus den Bereichen Müllerei, Getreideverarbeitung, Getreidehandel & Züchtung und Bäckerei – inklusive Networking ohne Hektik und Zeitdruck.

40 Aussteller aus Österreich, Deutschland und der Schweiz zeigten eine eindrucksvolle Leistungsschau, die vom Getreide über Lagerung, Anlagenbau, Müllereimaschinen, Paketierung, Logistik, Laborgeräte, Fuhrpark, EDV, Zusatzstoffe, Analytik, Vorratsschutz, Mühlenladen etc. den gesamten Bereich der Getreidewirtschaft und Getreideverarbeitung abdeckte. Die Spezialisten standen beratend zur Seite und überzeugten mit ihrem Angebot.

Speziell um das leibliche Wohl aller Gäste sorgte sich heuer das Richemont Kompetenzzentrum für Bäckerei, Konditorei und Confiserie aus Luzern. Andreas Dossenbach und sein Team verwöhnten die Gäste mit vor Ort hergestellten Schweizer Gebäcken und süßen Köstlichkeiten. Entsprechende Fachgespräche mit Bäckerkollegen haben das große Interesse an der Herstellung von Premiumgebäcken aufgezeigt.

Prof. Viktor Mayer-Schönberger von der University of Oxford eröffnete die Vortragsreihe am 2. Juni zum Thema „BIG DATA – Eine Revolution, die unser Leben verändern wird“. Großes Interesse an der Thematik lud zur angeregten Diskussion im vollen Vortragssaal ein.

Das spannende, die Gemüter erhitzende Thema „TTIP Handelsabkommen – Fluch oder Segen?“ mit einer Videobotschaft von MEP Mag. Othmar Karas M.B.L.-HSG, sowie die Beiträge der Herren Dr. Gerhard Drexel (Spar AG) und Dr. Johann Sollgruber (Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich) wurden in Folge behandelt und ausgiebig diskutiert. Dipl.-Ing. Michael Esterl, Kabinettschef des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft beendete den ersten Tag mit seinem Vortrag über „Landwirtschaft und Ernährung der Zukunft“.

Der ORF zeigte großes Interesse und nützte die Gelegenheit für Interviews mit den Persönlichkeiten Prof. Viktor Mayer-Schönberger, Innungsmeister der Müller Ing. Eduard Langer, vg Geschäftsführer DI Christian Kummer, Innungsmeister der Bäcker Josef Schrott und dem Vertreter des Schweizer Kompetenzzentrums Richemont, Andreas Dossenbach.

Der erste Tag der INGESA 2016 klang in entspannter und kulinarisch sehr anspruchsvoller Atmosphäre beim gemütlichen Abend mit Brot & Wein in den Ausstellungsräumen und auf der Terrasse des Casinos Velden aus. Die Gaumenfreuden bestanden aus vor Ort frisch hergestelltem Premiumgebäck, speziellen Aufstrichen und höhlengereiftem Käse aus der Region um Luzern. An dieser Stelle ergeht großer Dank an die Bühler AG sowie die KSA Kastenmüller & Schmidt Austria Anlagenbau GmbH für ihr Sponsoring von edlen Weinen. Ebenfalls großer Dank geht auch an die Bäckerei Hans Marinitsch GmbH für den wunderbaren INGESA-Brotlaib und die außergewöhnlichen Petit Fours, die heuer „der Blickfang“ und kulinarischer Abschluss am Abend mit Brot & Wein waren.

Der 3. Juni war vortragstechnisch der Thematik „Bäckerei – Klare strategische Ziele – Erfolg sichern sowie der Getreideverarbeitung – und der Schadstoffproblematik“ unter dem Vorsitz von Herbert Poinstingl (Assmannmühlen GmbH, Obmann der Österreichischen Mühlenvereinigung) gewidmet. Moderatorin Bettina Kerschbaumer-Schramek führte geschickt durch die Diskussion des Mediengespräches zu den Themen Bäckerei/Müllerei/Premiumqualität. Die Veränderungen in der Backwarenbranche der letzten Jahre, warum der Bäck‘ um‘s Eck stirbt, Audits und Zertifizierungs-Trends – Segen oder Fluch, Stop Waste – Safe Food, und die Ursachen der Retourwarenflut gaben Einblicke in die täglichen Herausforderungen der Backwarenbranche.

Vertreter aus der Backbranche wie Karl Broschek von Linauer & Wagner und Andreas Dossenbach vom Richemont Kompetenzzentrum gaben Anstoß zum Nachdenken. Zu den Themen „Was sind die Anforderungen an Brot und Gebäck?“, „Wie sieht die Situation in der Schweiz aus?“ oder „Gibt es noch Premiumbackwaren?“ brachte Andreas Dossenbach seine Fachkompetenz zum Ausdruck und gab Anregungen zur Verbesserung der Situation. Durch seine vorbildhafte, bedarfsorientierte Planung am Schaubackstand ging nur eine einzige Brotscheibe zur Restbrotverwertung.

Univ. Lektor Dipl.-Ing. Alfred Mar brachte Möglichkeiten zum Thema „Mit welchen Rohstoffen backen wir das Brot der Zukunft?“ und wies auf die Bedeutung des Weizens – weltweit Grundnahrungsmittel Nr. 1 –  hin!  Sehr emotional kommentierte er auch das Buch „Wheat Belly“, welches wissenschaftlich nicht nachvollziehbare Ängste verbreitet. Herr Dipl.-Ing. Mar zeigte ebenfalls auf, dass für die Lebensmittelherstellung eine Flut von etwa 600 bis 800 lebensmittelrechtlichen Verordnungen einzuhalten sind und dies de fakto in der Praxis nicht zumutbar ist.

Im Zusammenhang mit Brot und Gebäckretourwaren beschrieb Herbert Poinstingl (Assmannmühlen GmbH) Möglichkeiten der Wiederverwertung durch seine Retourwarenverwertungsanlage, wo Gebäck nach der Reinigung von Verpackungsmaterialien einer Trocknung und in weiterer Folge der Brösel Vermahlung zugeführt wird. Die Restbrotbrösel werden schlussendlich zu Futtermitteln verarbeitet.

IM Ing. Eduard Langer (Langer Mühle Obergrafendorf) erörterte die Situation in der Müllerei, wobei der Abbau der massiven Bürokratie einen wesentlichen Punkt zur Entlastung der Betriebe darstellt. Die verschiedenen Qualitätsprogramme sind eine Herausforderung für die Betriebe – die Folge sind unter anderem auch große Investitionen für die Rohstoff- und Produktlagerung.

DI Christian Kummer spannte den Bogen von der Müllerei zur Bäckerei und wies auf die Notwendigkeit von bedarfsorientierter Forschung und Entwicklung für kleine und mittelständische Betriebe hin. In diesem Zusammenhang erwähnte er das Forschungsprojekt „Soft Salt“, welches sich mit Lösungsansätzen zur Kompensation von reduzierten Salzzugaben und den technologischen Auswirkungen auf das Gebäck beschäftigt. Des Weiteren betonte DI Kummer, dass durch Umstrukturierung in der Backbranche der „Bäck‘ ums Eck“ massiv unter Druck geraten ist. Die neue Herausforderung besteht nun darin, dass der angespannte Gebäckmarkt und besonders der Bäck‘ ums Eck neue Lösungen und Premiumprodukte benötigt, um sich von Discountqualitäten entsprechend zu differenzieren und weiterhin am Markt bestehen zu können – und somit dem Bäckerhandwerk die erforderliche Nachhaltigkeit zu sichern. Auch für die Müllerei wird die vg Versuchsanstalt für Getreideverarbeitung mit dem Forschungsprojekt „FermKult-Austria“ neue Möglichkeiten der Mehlveredelung durch Fermentationstechnologie aufzeigen und entwickeln.

Dem Pressegespräch folgten die Medienvertreter Mag. Hildegard Resch (Verlag Almer), Andrea Sturm (Österreichischer Agrarverlag), Harald Schwinger (Kleine Zeitung) und Reinald Pottebaum (Verlag Moritz Schäfer).

Die Vortragsreihe am Freitag wurde mit dem Thema „Backwaren zwischen Premium- und Discountangebot“ durch den Geschäftsführer der Markenbäcker Herrn Michael Bruckner fortgesetzt. Er wies auf Daten und Fakten sowie auf die schwierige Situation in der Backbranche hin, wobei in Zukunft nur die Besten bestehen können. Herr Bruckner gab mit auf den Weg, dass alle mit ihrem Einkaufsverhalten darüber entscheiden, welcher Bäcker in Zukunft (über-)lebt!

Univ. Lektor Dipl.-Ing. Alfred Mar referierte über„ Antinutritive Stoffe in Getreide – Welche Gegenmaßnahmen können wir setzen?“. Weizen ist weltweit das wichtigste Brotgetreide. Dennoch stehen die antinutritiven (die Nährstoffaufnahme hemmenden Stoffe) Eigenschaften im Mittelpunkt der Berichterstattung. Er berichtete über wissenschaftliche Erkenntnisse und darüber, welche Maßnahmen die Getreidewirtschaft setzen kann. Die Erforschung der unspezifischen Weizen-Unverträglichkeit mit dem in Verbindung gebrachten Amylase-Trypsin-Inhibitor ist ein wesentlicher Faktor zur Ergreifung von bäckereitechnologischen Maßnahmen – insbesondere der Teigfermentation.

DI Christian Kummer (vg Versuchsanstalt für Getreideverarbeitung) beschäftigte sich mit dem Thema „Soft Salt – Technologische Kompensation der Salzreduktion im Fokus von Sortenauswahl und Vermahlung“. Brot und Gebäck ist in der Ernährungsdiskussion unter Beschuss geraten: wegen möglicher hoher Salzmengen und den daraus negativen Wirkungen auf natriumsensitive Personen. Wege, um weniger Salz in Backwaren zu erhalten und dennoch die eminente technologische Wirkung von Salz durch Weizenqualitätsauswahl, Vermahlungsmaßnahmen sowie die Kompensation mit Mehlbehandlungsmittel zu erreichen, waren ihm ein großes Anliegen.

Jens Begemann vom Max Rubner Institut machte die „Müllereiverfahrenstechnische Reduzierung von Schadstoffen in Getreide“ zum Thema. Schadstoffbelastungen sind quasi in aller Munde. Beim Getreide gibt es, zum Beispiel vorwiegend beim Roggen, Mykotoxinbelastungen im Bereich der Ergot Alkaloide. Herr Begemann zeigte Möglichkeiten zur Reduzierung durch müllereiverfahrenstechnische Maßnahmen auf.

Dr. Klaus Münzing vom Getreidebüro Dr. Münzing gab durch seine jahrzehntelange Forschungserfahrung viele Anregungen, wobei er selbst über die Thematik „Durumweizen – zukünftig nicht nur für Grieß und Pasta“ sprach. Durumweizen gehört zur Emmerreihe und war bis dato vorwiegend der Teigwarenproduktion vorbehalten. Dr. Münzing zeigte neue Möglichkeiten zum innovativen Einsatz von Durumweizen unter Berücksichtigung von Qualitätsparametern auf.

Den Abschluss fand die Vortragsreihe mit Univ. Prof. Dr. Hermann Bürstmayr von der Universität für Bodenkultur in Wien. Dr. Bürstmayr erörterte das Thema „Resistenz gegen Ährenfusariose-Befall und Mykotoxin-Kontamination in Weizen“, wobei er in seinem sehr kurzweiligen Vortrag einen Einblick in die Komplexität der Sortenzüchtung geben konnte. Die Ährenfusariose ist eine gewichtige Pilzerkrankung des Getreides, insbesondere des Weizens. Durch die „Steirische Fruchtfolge“  stiegen in der Landwirtschaft Ährenfusariosen und damit zusammenhängende Mykotoxin-Kontaminationen in Weizen an. Der Anbau resistenter Sorten ist eine sehr wirksame und kostensparende Maßnahme, Schäden durch Ährenfusariose hintan zu halten. Komplexität in der Sortenzüchtung sowie unzählige Interaktionen werden durch intensive Forschung und in Zusammenarbeit mit Saatzuchtfirmen und der Versuchsanstalt für Getreideverarbeitung aufgegriffen, um für die Zukunft sichere und nachhaltige Getreidesorten bereit zu stellen.

Es ergeht großer Dank an alle Referenten. Sie stellten ihr Wissen für das interessierte Fachpublikum bereit und waren offen für Diskussion und Meinungsaustausch.

Die INGESA endete traditionell mit dem Gala-Abend, der heuer ein besonderer war. Nach Aperitif mit Blick auf den Wörthersee und Begrüßungsworten von Landesinnungsmeister Mathias Trattner sowie Innungsmeister Ing. Eduard Langer wurden die Gäste von Haubenkoch Marcel J. Vanic und seinem Team kulinarisch verwöhnt. Tolles Ambiente und gute Stimmung entstanden nicht nur durch sommerlich-duftige Blütenarrangements, sondern auch durch ein wirklich außergewöhnliches Rahmenprogramm: Künstler des Staunens und Vize-Weltmeister der Mentalmagie Lucca & Anca Lucian führten ins geheime Reich der Illusionen, erstaunten und berührten mit Ihrer Darbietung und brachten selbst Zweifler ins Grübeln. Sänger und Entertainer King-Grace bot Sound und Flair der größten Entertainer und versetzte damit musikalisch so manchen in die gute alte Zeit; den einen oder anderen Tanz inklusive…

Insgesamt verzeichnete die INGESA 352 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Österreich, Deutschland, der Schweiz, der Slowakischen Republik, Frankreich und Großbritannien.

Die INGESA brachte 2016 wieder Menschen, Produkte & Ideen zusammen.
Wir seh’n uns auf der INGESA 2018.

INGESA Programm

INGESA Standpläne

 

INGESA Teilnahmeverzeichnis (Stand: 03. Juni 2016)